Antisemitismus und Fremdenhass greifen wieder um sich. Im Schatten neuer rechter Strömungen scheint der „Schoß, aus dem das kroch“ „noch fruchtbar“ (Bertolt Brecht). „Heimat Auschwitz” erinnert daran, dass Millionen von Menschen von den Nationalsozialisten ermordet wurden.
Die Ausstellung versucht das Unbegreifliche fassbar zu machen.
Oświęcim, wie es heute heißt, ist die Heimatstadt der Mutter der Künstlerin. Ein Teil ihrer Familie lebt noch dort. Auschwitz ist Symbol für den Holocaust. „Heimat Auschwitz“ wirft einen neuen Blick auf das Vergangene. Die Ausstellung verarbeitet die Diskrepanz zwischen Leben und Tod in Acrylbildern und Fotografien. Sie ist zugleich eine Mahnung an die heutigen Generationen.
Entstanden in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau wurde „Heimat Auschwitz“ erstmals am 27. Januar 2020 in der Friedrich-Ebert-Stiftung in München anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers gezeigt.
Schwebemensch
Kohle, 50 x 40 cm, 2019
Der lange Marsch
Acryl auf Karton, 56 x 40 cm, 2021/22
Kann man sich mit Auschwitz versöhnen, kann man sich mit seiner Heimat versöhnen?
„Extreme politische Konzeptionen, die als `Endlösung´ für alle möglichen Probleme verheißen werden, dienen niemals humanen Zielen (…). Daß solche extremen Konzeptionen zum Scheitern verurteilt seien (…) ist auch heute im Zeichen alter und neuer Extremismen die Hoffnung, die aus der Widerlegung und dem Untergang Hitlers gezogen werden kann.“ (Karl Dietrich Bracher, 1976).
Ostatni Etap
Acryl/Mischtechnik auf Leinwand, 80 x 80 cm, 2019
Angst
Acryl auf Leinwand, 1,60 x 1,20 m, 2002
Auschwitz, meine Heimat?
Auschwitz war das größte deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager. Auf Befehl von SS-Chef Heinrich Himmler (27. April 1940) wurde das frühere polnische Kasernengelände zum Konzentrationslager umgebaut. Zunächst diente das KZ als Arbeitslager für politische Häftlinge. Ende 1941 begann die Massenvernichtung. Verteilt auf schließlich alle fünf Krematorien wurden bis zu 4.756 Männer, Frauen und Kinder täglich verbrannt (Quelle: Staatliches Museum Auschwitz, www.auschwitz.org).
Täglich rollten Züge an der Rampe in Birkenau ein. Es waren Frauen und Kinder oder alte und schwache Menschen, die sofort in die Gaskammern geschickt wurden. „Durch das Beobachtungsfenster konnte man sehen, dass die dem Einwurfschacht am nächsten Stehenden sofort tot umfielen… Die anderen fingen an zu taumeln, zu schreien und nach Luft zu ringen. Das Schreien ging aber bald in ein Röcheln über, und in wenigen Minuten lagen alle…“ (Aussage des Lagerkommandanten Rudolf Höß, der 1947 als Kriegsverbrecher hingerichtet wurde).
Schuld ohne Sühne
Acryl/Collage auf Karton, 66 x 50 cm, 2021/22
Während meines Geschichtsstudiums haben wir in Zusammenhang mit den Nürnberger Prozessen gelernt: Es gibt keine kollektive Schuld, aber genauso wenig gibt es eine kollektive Unschuld. Richard v. Weizsäcker sagte einmal: „Schule oder Unschuld eines ganzen Volkes gibt es nicht. Schuld ist, wie Unschuld, nicht kollektiv, sondern persönlich.“
Innenraumstarre Birkenau
Druckgrafik, 50 x 40 cm, 2019
„ARBEIT MACHT FREI“, ist am Eingang des Stammlagers Auschwitz I zu lesen. Die Häftlinge mussten bis zur Erschöpfung arbeiten, sie schliefen auf dem Fußboden oder auf Strohsäcken, später in zwei- oder dreistöckigen Liegen zusammengepfercht in so genannten Pferdestallbaracken. Hunger und Krankheiten griffen um sich. Selbst bei Temperaturen unter Minus zwanzig Grad steckten die Füße der Inhaftierten in Holz-Clogs, um nicht weglaufen zu können. Sie stopften Papier in ihre dürftige Sträflingskleidung, um nicht zu erfrieren.
www.auschwitz.org
Herbstturm
Mischtechnik, 50 x 40 cm, 1998
Unter den Befreiten befanden sich circa 700 Kinder, davon 500 unter 15 Jahren, die meisten in einem desolaten Zustand. Von 180 untersuchten Kindern zwischen 6 und 14 Jahren litten 60 Prozent unter Mangelernährung und Untergewicht. 40 Prozent hatten Tuberkulose.
Mutter und Tochter
Acryl/Collage auf Karton, 56 x 40 cm, 2021/22
An der Rampe von Birkenau fand die Selektion statt. Die Brutalität kannte auch sonst keine Grenzen. Viele Häftlinge wurden erschossen, geschlagen, zu Tode gefoltert. Sie mussten Zwangsarbeit leisten, bis sie starben. Sie waren der Willkür der Nazis ausgesetzt. Etwa eine Million der Ermordeten waren Juden, mindestens 70.000 Polen, 21.000 Roma, 14.000 sowjetische Kriegsgefangene sowie 10.000 Tschechen.
Farbgebiet Befreiung
Acryl auf Leinwand, 80 x 80 cm, 2019
Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz und seine Außenlager. Zehntausende Überlebende mussten zuvor einen der Todesmärsche in den Westen antreten. Wer fliehen wollte, wurde sofort erschossen, die meisten – krank und erschöpft – überlebten die Märsche nicht. Etwa 7.000 der Inhaftierten waren während der Befreiung noch im Lager. Auch viele von ihnen überlebten trotz der anschließenden medizinischen Versorgung nicht.
Der stille Schrei
Acryl auf Karton, 66 x 50 cm, 2021/22
Im Block 11 gab es im Stammlager (Auschwitz I) ein Gebäude, das für Sanktionen, Strafen und Verhöre diente, in dem Menschen bestialisch zu Tode gequält wurden. Im Todesbunker mussten die Gefangenen bis zu 20 Tage verbringen. Einer davon: Pater Maximilian Kolbe, der für einen Häftling eingesprungen war. Bei Fluchtversuchen wurden andere Häftlinge mit zwei Wochen Todesbunker bestraft.
www.auschwitz.org
Meine Heimat, du
Bleistift, 28 x 20 cm, 2019
Heimat Auschwitz
Oświęcim (Auschwitz) ist ein Ort, von dem viele glauben, dass er nur aus einem Konzentrationslager besteht. Dabei leben aktuell fast 40.000 Einwohner in der Stadt. Doch lässt sich der Ort nicht von der Vergangenheit trennen. Auschwitz ist die Heimatstadt der Mutter der Malerin. Ein Teil ihrer Familie lebt noch heute dort.
„Farbe repräsentiert das Potenzial von Menschlichkeit. Farbe steht für Wahrheit, Frieden und Glück. In Auschwitz wurden diese Werte mit Füßen getreten, sie wurden ins Gegenteil verkehrt.“ Mit Blick auf die weltweit wachsenden antisemitischen Tendenzen stellt sich die Frage: